Digitale Souveränität - der Status quo in Tirol
Die Standortagentur Tirol und digital.tirol haben vergangenes Jahr eine großangelegte Studie in Auftrag gegeben, um zu eruieren, wie weit fortgeschritten Tiroler Unternehmen in punkto digitaler Souveränität sind. An der Erhebung beteiligten sich 67 Unternehmen aus Tirol - darunter Ein-Personen-Unternehmen, Kleinst-, Klein-, Mittel- und Großbetriebe. Ergänzt wurde die Analyse durch Interviews mit 16 Expert:innen aus Wirtschaft, Forschung und Interessensvertretungen sowie einen Workshop mit Stakeholdern.
Digitale Souveränität beschreibt die Fähigkeit von Unternehmen, ihre digitalen Systeme, Daten und Prozesse selbstbestimmt zu nutzen und zu gestalten – ohne sich in zu starke Abhängigkeit von einzelnen Technologieanbietern zu begeben. Dabei geht es nicht darum, alles selbst zu entwickeln, sondern bewusst Folgendes entscheiden zu können:
- Welche Technologien werden eingesetzt?
- Wo liegen meine Daten?
- Wie wird das jeweilige Unternehmen vor externen Risiken geschützt?
Unternehmen, die ihre digitale Souveränität stärken, profitieren von höherer Sicherheit, Innovationskraft und Unabhängigkeit. Sie können ihre digitale Zukunft strategisch selbst in die Hand nehmen. In einer zunehmend datengetriebenen Welt ist das ein klarer Wettbewerbsvorteil.
Hohes Bewusstsein, mangelnde Umsetzung
Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stehen hier jedoch vor Herausforderungen. Zwar nutzen sie digitale Technologien, häufig jedoch ohne strategische Steuerung. Das kann gefährlich werden: Wer seine Daten in unsicheren Clouds speichert oder sich zu sehr auf einzelne Anbieter verlässt, riskiert nicht nur Datenschutzprobleme, sondern auch wirtschaftliche Abhängigkeit. Und spätestens dann, wenn kritische IT-Systeme ausfallen oder externe Plattformen plötzlich ihre Regeln ändern, wird deutlich, wie wichtig digitale Souveränität ist.
Den meisten Tiroler Unternehmen ist bewusst, wie wichtig digitaler Souveränität ist. Das ist eine zentrale Erkenntnis der Studie „Digitale Souveränität Tirol“. Positiv fällt auf, dass 74 % der befragten Unternehmen auf Datenschutz- und Sicherheitsmaßnahmen setzen. 53 % nutzen gezielt lokale oder europäische Software. Und 44 % investieren in Schulungen.
Ein zentrales Ergebnis der Studie „Digitale Souveränität Tirol“: Die Bedeutung digitaler Souveränität wird von den meisten Unternehmen erkannt. Besonders hoch ist die Zustimmung bei Ein-Personen-Unternehmen (94 %) und Großunternehmen (83 %). Doch auch viele kleinere Betriebe sehen das Thema als relevant. Doch bei der Umsetzung von Souveränitätsmaßnahmen gibt es noch viel Luft nach oben. Als Gründe dafür nennen die Studienteilnehmer:innen folgende Gründe:
- hohe Investitionskosten
- technologische Komplexität
- Abhängigkeit von ausländischen Anbietern
- Fachkräftemangel und fehlende digitale Kompetenzen
Drei Viertel der befragten Unternehmen nutzen in ihren Unternehmen KI, über zwei Drittel setzen Cloud-Computing ein und etwas über die Hälfte verwendet Cybersicherheits-Technologien. KI und Cloud-Computing sind also schon weit verbreitet, Aufholbedarf besteht aber u.a. in Bereichen wie Digitale Zwillinge, Plattform-Technologien und Cybersicherheit.
Die größten Hürden beim Technologieeinsatz? Wenig überraschend: wieder die Kosten (65 %), gefolgt von fehlendem Wissen über Einsatzmöglichkeiten (46 %) und mangelnder Fachexpertise (33 %).
Wege, um die digitale Souveränität in Tirol zu steigern
Die Studie bleibt nicht bei der Analyse stehen, sondern liefert klare Handlungsempfehlungen. Diese bündeln sich in vier Handlungsfeldern:
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Sensibilisierung und Sichtbarkeit schaffen
Viele Unternehmen unterschätzen das Thema oder wissen zu wenig darüber. Es braucht mehr Aufklärung – über Risiken, Chancen und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten. -
Digitale Selbstbestimmung in Unternehmen fördern
Betriebe benötigen Unterstützung dabei, souveräne Strategien zu entwickeln. Dazu gehören Beratungsangebote, Schulungen und die Entwicklung individueller Digitalisierungsfahrpläne. -
Dezentrale Infrastrukturen stärken
Wer von wenigen globalen Anbietern abhängig ist, ist verletzlich. Tirol braucht mehr lokale Alternativen – sei es bei Hosting, Software oder Plattformen. Hier können regionale IT-Anbieter eine Schlüsselrolle spielen. -
Finanzielle Anreize setzen
Der Weg zur digitalen Souveränität ist nicht billig. Förderprogramme, Beratungszuschüsse und vergünstigte Testumgebungen können helfen, Einstiegshürden zu senken.
Mit dem Programm digital.tirol, das von der Standortagentur Tirol koordiniert wird, gibt es bereits eine starke Initiative im Land. In Zusammenarbeit mit Partnern wie der Industriellenvereinigung Tirol, der Wirtschaftskammer, der Fachgruppe UBIT und der Lebensraum Tirol Holding unterstützt digital.tirol Unternehmen gezielt bei ihren Digitalisierungszielen. Auch der Cluster IT Tirol ist eine wichtige Plattform, die Digitalisierung, Vernetzung und Kompetenzaufbau vorantreibt. Digitale Souveränität ist ein Schwerpunkt der Clusterarbeit. Nicht zu vergessen der datahub.tirol, der den heimischen Unternehmen die Möglichkeit bietet, Daten auszutauschen und jederzeit die Souveränität über diese zu behalten.
Fazit: Zeit zu handeln
Die Studie „Digitale Souveränität Tirol“ zeigt klar: Tiroler Unternehmen haben erkannt, wie wichtig digitale Selbstbestimmung ist. Jetzt kommt es darauf an, die vorhandenen Ressourcen zu nutzen, konkrete Maßnahmen zu setzen – und die digitale Zukunft des Landes aktiv zu gestalten. Denn digitale Souveränität ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für nachhaltigen unternehmerischen Erfolg.
Links
>>digital.tirol
>>datahub.tirol
>>Studie "Digitale Souveränität Tirol"