Künstliche Intelligenz - eine Künstlerin ohne Anspruch auf ihre Werke?

 Bildnachweis: iStock/Ilya Lukichev

Wer besitzt die Werke einer Künstlichen Intelligenz?

In den letzten Jahren explodierte die Entwicklung von KI-Tools. Künstliche Intelligenz (KI) wurde zum Trendwort und in jeder Form in neue und existierende Anwendungen eingebaut. Ähnlich wie bei Kryptowährungen oder Ridesharing-Dienstleistungen kamen die Innovationen so schnell, dass die Legislative des Landes Schwierigkeiten hatte, auf die neue Situation rechtzeitig zu reagieren. Mit dem Hype wuchsen auch die Unklarheiten, Bedenken und Kritik.

Damit eine KI überhaupt originelle Inhalte, wie künstlerische Bilder oder poetische Texte, erstellen kann, braucht sie Trainingsdaten – riesige Mengen an Daten. ChatGPT von OpenAI wurde beispielsweise mit 570 GB an Texten trainiert. Die Text-to-Image-Anwendung DALL-E, ebenfalls von OpenAI, wurde mit unglaublichen 250 Millionen Bilddateien inklusive Metadaten geschult. Doch der Aufwand hat sich offensichtlich gelohnt: Die Resultate lassen sich wirklich sehen, doch es stellt sich die Frage, woher diese großen Datenmengen überhaupt kommen.

Urheberrecht in Österreich
Das Urheberrecht schützt das geistige Eigentum von dessen Urheber:in. Es verleiht dem:der Inhaber:in das exklusive Nutzungsrecht für das Werk. Das Urheberrecht tritt mit dem Schöpfungsakt ein. Als Werke werden nach § 1 Abs. 1 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) „eigentümliche geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst“ bezeichnet. Aber wem gehört das Urheberrecht eines KI-generierten Bildes? Die kurze Antwort ist: Niemandem, aber es ist kompliziert. 

KI als Inhaberin von Rechten?
KI kann gar keinen Anspruch auf Urheberrecht haben, da ein Schöpfungsakt auf Menschen beschränkt ist und es somit KI-Tools komplett ausschließt. Eine KI wie ChatGPT erschafft streng genommen nichts. Die Anwendung nimmt einen Input und transformiert diesen durch ein sehr komplexes Wahrscheinlichkeitsmodell in einen Output. 

Eine amüsante und vor allem ähnliche Situation trat 2014 ein, als ein Schopfaffe aus Indonesien ein Selfie von sich schoss. Der britische Fotograf David Slater sah sich danach als Urheber des Fotos, da er es ermöglicht hat, dass sich der Affe überhaupt selbst fotografieren konnte. Die Gerichte entschieden sich gegen seine Argumentation. Sie begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Affe der Schöpfer des Werkes sei, aber da er nicht menschlich ist, kann er kein Urheberrecht besitzen. Dadurch endete der Rechtsstreit damit, dass das Selfie weiter frei verwendet werden durfte. 

KI-Nutzende als Urheber:innen?
Der:die Nutzer:in eines KI-Tools hat auch keinen direkten Anspruch auf das Urheberrecht eines generierten Bildes. Das Konzept oder die Idee sind an sich nicht geschützt. Erst, wenn es in einem Werk dargestellt wird, erlangt der:die Urheber:in das Nutzungsrecht. Im Falle eines KI-Tools kann jedoch kein Anspruch auf die Schöpfung gestellt werden, ähnlich wie bei Slater und dem Schopfaffen. Man kann argumentieren, dass besonders lange und ausgefeilte Prompts (Textanweisungen für die KI) geschützt werden können. Wenn eine detaillierte, urheberrechtlich geschützte Prompt für ein Werk verwendet wurde, dann kann ebenfalls argumentiert werden, dass das Resultat dieser Prompt urheberrechtlich schützbar ist. Im Moment stellt das aber eher eine rechtliche Grauzone dar.

KI-Entwickler als Schöpfer:innen?
Könnte ein KI-Entwicklerstudio wie OpenAI das Urheberrecht auf die erstellten Inhalte haben? Die Antwort ist: Nein, da es sich bei ihnen gleich verhält wie bei den Nutzenden der Tools. Sie haben zwar das Tool geschaffen und halten für die Software das Urheberrecht, aber an einer eigentümlichen geistigen Schöpfung eines Werkes sind sie nicht beteiligt. Deshalb sind KI-Werke oft nicht geschützte, frei verwendbare Inhalte. Es gibt eine Möglichkeit der Miturheberschaft bei besonders detaillierten Prompts oder eine Registrierung für Designschutz, jedoch existieren oft Vereinbarungen in den AGBs der KI-Software, die solche Bemühungen erschweren. 

Herausforderungen und Chancen
Zuvor wurde die Frage gestellt, woher die Mengen an Trainingsdaten kamen. OpenAI muss sich deshalb in Kalifornien vor Gericht verantworten. Sie werden beschuldigt, mit großflächigem Web-Scraping massive Mengen an urheberrechtlich geschützten Daten für ihre Trainingszwecke gesammelt zu haben. Gestaltungsmerkmale dieser geschützten Werke erlernte die KI im Anschluss und verwendete sie in der Generation von neuen Bildern. Dadurch kann ein Eingriff in die Rechte Dritter vorliegen. Wenn so ein Bild veröffentlicht oder vervielfältigt wird, dann liegt auch eine Urheberrechtsverletzung vor. 

Die Herausforderung besteht darin, dass die KI-Modelle auf Big Data angewiesen sind. Ein Standort mit scharfen Regeln gegen Data Mining ist kein guter Platz für die Entwicklung innovativer KI-Anwendungen. Deshalb beschloss die Europäische Union in einer Sonderregelung, dass Data Mining für KI-Trainingszwecke gestattet ist, solange der:die Rechte-Inhaber:in es nicht explizit verbietet. Die Richtlinie wurde in Österreich in der Urheberrechtsnovelle 2021 umgesetzt. Wenn ein Verstoß vorliegt, ist es teilweise trotzdem schwer, diesen einwandfrei zu beweisen. Für viele Randszenarien und Ausnahmefälle gibt es einfach keine eindeutige rechtliche Antwort. 

In einem ironischen Twist können KI bei Urheberrechtsfragen auch helfen und nicht nur Probleme verursachen. Täglich wird so viel Content online gestellt, dass manuelle Kontrollen von echten Menschen unmöglich sind. Wenn man Urheberrechtsverletzungen effektiv erkennen will, dann ist eine der besten Optionen, eine KI dafür zu trainieren. 

Fazit und Ausblick
Diese rechtliche Ungewissheit wird nicht für immer bestehen bleiben. Je mehr sich KI in unseren Alltag integriert, desto mehr Ausnahmefälle und Grauzonen werden mit Gesetzen adressiert. Außerdem ist für viele Menschen das Urheberrecht nicht die maßgebende Instanz. In akademischen Kreisen herrschen teils sehr strikte und ausführlich ausgearbeitete Richtlinien, an die man sich halten muss. 

Doch es gibt Hoffnung am Horizont: Die EU setzt sich mit den rechtlichen Grauzonen von KI auseinander und hat am 14. Juni 2023 die Positionen eines KI-Gesetzes angenommen. Die genaue Form des Gesetzes muss jedoch noch von den Mitgliedstaaten verhandelt werden. 

In diesem Gesetzesentwurf ist das Urheberrecht eher nebensächlich, jedoch besteht die Bereitschaft, sich aktiv für mehr Regulierungen im KI-Bereich einzusetzen. Florian Tursky, Staatssekretär für Digitalisierung im Finanzministerium, wird für Österreich im Verhandlungsteam sein und erklärte dazu: „Wichtig ist für Europa, rasch zu einer klugen KI-Regulierung zu kommen, die Innovation ermöglicht, aber gleichzeitig Massenüberwachung oder ‚Social Scoring‘ mittels KI-Anwendungen untersagt. KI-Anwendungen müssen auch Transparenzverpflichtungen wahrnehmen, damit für die Konsumentinnen und Konsumenten zu jeder Zeit klar ersichtlich ist, wenn sie mit einer künstlichen Intelligenz konfrontiert sind und woher die Informationen stammen.*“
 

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Links

>> Hintergrundinformationen: Slater und Schopfaffe
>> CNN: OpenAI – Web-Scraping
>>Europäisches Parlament und Europäischer Rat: Richtlinie über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt
>> Bundesgesetzblatt für die Republik Österreich: Urheberrechts-Novelle 2021
>> Gestaltung der digitalen Zukunft Europas: Ein europäischer Ansatz für künstliche Intelligenz
>> *Bundeskanzleramt: KI-Gesetz – Parlament beschließt Rahmen für künstliche Intelligenz

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