3d-gedruckte Augenlider made in Tirol
Eine Tiroler Forschungsallianz arbeitet aktuell an der Herstellung von möglichst realitätsnahen Augenlidern aus dem 3D-Drucker. Diese und zukünftig weitere Organmodelle sollen die Ausbildungsmöglichkeiten von medizinischem Fachpersonal revolutionieren und in Folge die Patient:innenbehandlung verbessern. Das Projekt-Team wird angeführt von der Medizinischen Universität Innsbruck, ergänzt vom Management Center Innsbruck sowie den Clustermitgliedern der Standortagentur Tirol, Eyecre.at GmbH und Addion GmbH. Das Projekt wird vom Land Tirol mit knapp 116.000 Euro unterstützt.
Körperspender:innen bilden derzeit die wichtigste Basis für die medizinisch-anatomische Ausbildung. Es werden aber bereits seit knapp zehn Jahren künstlich hergestellte Augen und weitere Instrumente von dem Tiroler Unternehmen Eyecre.at weltweit zu Schulungszwecken eingesetzt. Als erstes gemeinsames Projekt soll nun das Augenlid die Ausbildung erweitern. Im ersten Schritt wird das menschliche Augenlid im Detail analysiert, um es im Anschluss im 3D-Drucker realitätsnah in Haptik und Materialeigenschaften nachzubauen. Die „Nachdrucke“ könnten weitreichende Anwendung in der medizinischen Ausbildung finden, was zu einer verbesserten Patient:innenenversorgung und zu Fortschritten in der Lidchirurgie führen würde.
Das Know-how für die künstlichen Augenlider kommt zu 100 Prozent aus Tirol: Clustermitglieder der Standortagentur Tirol produzieren diese, die wissenschaftliche Expertise kommt von der Medizinischen Universität Innsbruck sowie dem Management Center Innsbruck.
Das Land Tirol unterstützt die Forschungskooperation seit Anbeginn. Auf Antrag wurden von Wirtschaftslandesrat Mario Gerber knapp 116.000 Euro für dieses Programm bereitgestellt: „Dieses Projekt unterstreicht einmal mehr die Innovationskraft der Unternehmen und Wissenschaftseinrichtungen in Tirol und stellt sicher, dass die Qualität der Ausbildung von medizinischem Fachpersonal und letztlich die Patient:innenversorgung kontinuierlich gesteigert werden kann. So gelingt es, den universitären Medizinstandort Tirol weiterhin zu profilieren.“
Tirol will neue, moderne Standards setzen
Die Medizinische Universität Innsbruck leitet das Projekt und ist vor allem für die Bereitstellung und Aufbereitung der gespendeten Augenlider verantwortlich. Marko Konschake, Direktor des Instituts für Klinisch-Funktionelle Anatomie der Medizinischen Universität Innsbruck, fasst zusammen: „Wir entnehmen Gewebe aus Körperspenden – in diesem Fall Augenlider – die im zweiten Schritt in allen Schichten analysiert werden. Anschließend werden mit den gewonnenen Erkenntnissen digitale Daten generiert, damit die Lider letztendlich möglichst realitätsnah und detailgetreu gedruckt werden können. Unser Ziel ist es, medizinisches Fachpersonal bestmöglich auf ihren Arbeitseinsatz am menschlichen Körper vorzubereiten. Und nachdem Körperspenden ein rares Gut sind, könnten 3D-gedruckte Modelle die medizinisch-anatomische Ausbildung additiv erweitern und somit auch die zukünftige Patient:innenversorgung verbessern.“
Wolfgang Prodinger, Vizerektor für Lehre und Studienangelegenheiten der Medizinischen Universität Innsbruck, hebt die Bedeutung für die Ausbildung der Studierenden weiter hervor: „Mit diesem Projekt wollen wir ein Verfahren entwickeln, das auf den ganzen Körper – das heißt alle Gewebe und Organe – angewendet werden kann. Die künstliche Herstellung ermöglicht es, beispielswese bestimmte Krankheitsbilder, wie ein Gerstenkorn, künstlich zu erzeugen und das 3-D-Modell dann gezielt in der chirurgischen Ausbildung einzusetzen.“
Das Management Center Innsbruck ist verantwortlich für die Bestimmung der mechanischen Materialeigenschaften des Augenlids, um diese dann mit den 3D-gedruckten Modellen zu vergleichen. Eva Graf, Medical & Health Technologies, MCI | Die Unternehmerische Hochschule, über die Projektbeteiligung: „Nachdem das Gewebe der Körperspenden vom Institut für Klinisch-Funktionelle Anatomie der Medizinischen Universität Innsbruck entnommen wurde, setzen wir unterschiedliche Messverfahren ein, um die Anforderungen an die Materialien hinsichtlich Optik und Haptik zu bestimmen.“
Das in Kematen ansässige Unternehmen Eyecre.at beschäftigt sich seit mehreren Jahren erfolgreich mit der Entwicklung und Produktion von realitätsnahen künstlichen Augen für Schulungs- und Entwicklungszwecke und exportiert diese weltweit. David Ortner, Gründer und Geschäftsführer der Eyecre.at GmbH kann gemeinsam mit seinem Team viel Erfahrungswissen in das laufende Projekt beisteuern: „Wir können bei der Entwicklung von künstlichen Augenlidern auf bewährte Analyseverfahren zurückgreifen. Wir gehen davon aus, dass ca. 400 Materialmischungen notwendig sein werden, um die Lider so realitätsnah wie möglich zu drucken.“
Alexander Hechenberger, Gründer und Geschäftsführer der Addion GmbH, hat sich unter anderem darauf spezialisiert anatomische Modelle nachzudrucken: „Das von uns verwendete 3D-Druckverfahren ist in Europa nur an wenigen Standorten verfügbar. Durch dieses Verfahren in Kombination mit einem digitalen Mischverfahren sind wir in der Lage, zehntausende verschiedener Materialeigenschaften zu erzeugen. Dadurch ist es uns möglich, hochrealistische anatomische Modelle für renommierte medizinische Einrichtungen herzustellen.“
Marcus Hofer, Geschäftsführer der Standortagentur Tirol, abschließend: „Die Standortagentur Tirol verfolgt das Ziel, Innovationen im Land voranzutreiben. Ein wichtiger Faktor ist für uns in diesem Zuge die Vernetzung verschiedener Unternehmen und die Unterstützung unserer Clustermitglieder – in diesem Projekt sind das Eyecre.at und Addion. In diesem speziellen Fall haben wir bei der bei der Stellung des Förderantrags unterstützt. Außerdem nutzen die beiden Unternehmen die Möglichkeiten der Vernetzung, die sich aus ihrer Mitgliedschaft im Cluster-Netzwerk ergeben.“
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