KI am Arbeitsplatz: Was sagt das Recht?
Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Arbeitswelt ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern bereits gelebte Realität, die in vielen Bereichen an Bedeutung gewinnt. Der technologische Fortschritt wirft auch neue arbeitsrechtliche Fragen auf. Ein Gespräch mit den Innsbrucker Rechtsanwälten Georg Huber und Fabian Bösch.
Inwieweit wird sich der Einsatz künstlicher Intelligenz in Unternehmen arbeitsrechtlich auswirken?
Fabian Bösch: Künstliche Intelligenz (KI) ist als Arbeitsmittel des Arbeitgebers zu sehen. Der Arbeitgeber kann den Einsatz von KI einseitig anordnen. In diesem Fall muss er aber auch dafür sorgen, dass der Einsatz für die Arbeitnehmer:innen gefahrlos möglich ist. Unabhängig davon kann der Abschluss einer Betriebsvereinbarung erforderlich sein, etwa wenn die KI-Anwendung zur Beurteilung oder zur Kontrolle der Arbeitnehmer:innen eingesetzt wird. Es empfiehlt sich auf jeden Fall, eine interne Richtlinie zu erlassen, welche die Nutzung von KI regelt. Dabei ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, dass der Datenschutz und das Urheberrecht beachtet und Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse geschützt werden.
Während einzelne EU-Staaten bereits KI-spezifische Arbeitsrechtsvorschriften haben, gibt es in Österreich noch keine entsprechenden Regelungen. Verlangt der Einsatz von Künstlicher Intelligenz nach einem neuen Arbeitsrecht?
Fabian Bösch: Eine gänzliche Neugestaltung des Arbeitsrechts wird wohl nicht erforderlich sein. Einzelne Anpassungen, die explizit den Einsatz von KI am Arbeitsplatz adressieren, wären aber durchaus sinnvoll. Zu überlegen wären etwa ein eigener Betriebsvereinbarungstatbestand, ein spezifischer datenschutzrechtlicher Rahmen oder explizite Transparenzpflichten.
Welche Sicherheitsrisiken sind mit dem Einsatz von KI am Arbeitsplatz verbunden und wie können Unternehmen diese minimieren? Gibt es spezifische rechtliche Anforderungen zur Absicherung gegen solche Risiken?
Georg Huber: Sicherheitsrisiken sind naturgemäß dort zu erwarten, wo KI in der Sicherheitsarchitektur zum Einsatz kommt. Man denke hier beispielsweise an KI-gesteuerte Zutrittssysteme oder Chatbots, die Unberechtigten Zutritt zum Unternehmen oder dessen Daten gewähren könnten. Ganz allgemein besteht auch das Risiko, dass vertrauliche Daten, etwa Geschäftsgeheimnisse oder personenbezogene Daten, offengelegt werden. Derartigen Risiken kann in erster Linie durch Schulungen, menschliche Kontrolle, ein funktionierendes Risikomanagement und erhöhte Transparenz begegnet werden.
Wie können Unternehmen sicherstellen, dass KI-Systeme fair und unvoreingenommen Entscheidungen treffen, insbesondere bei Einstellungsprozessen, Beförderungen und Entlassungen?
Georg Huber: Das beginnt schon bei der Auswahl oder Entwicklung von KI-Systemen. Hier sollte man Bedacht darauf nehmen, dass die KI-Systeme entsprechend konzipiert und trainiert wurden. Weiters sind insbesondere im HR-Bereich (Bewerbungen, Beförderungen, etc.) die Vorgaben des AI Acts zu beachten. Der AI Act sieht Anwendungen in diesem Bereich als Hochrisiko-KI an und stellt spezifische Anforderungen an Betreiber:innen solcher Systeme. Auch wenn der AI Act noch nicht in Kraft ist, sollte man schon jetzt seine Vorgaben beachten.
Wie wird die Privatsphäre von Arbeitnehmer:innen geschützt, wenn KI-Systeme zur Überwachung und Analyse von Arbeitsleistung eingesetzt werden?
Fabian Bösch: Wie bereits erwähnt, kann in solchen Fällen der Betriebsrat mitentscheiden. Kontrollmaßnahmen, welche die Menschenwürde verletzen, sind generell nicht erlaubt. Auch die Bestimmungen der DSGVO geben den Beschäftigten gute Möglichkeiten in die Hand, sich gegen rechtswidrige Datenverarbeitungen zu wehren. Neben den allgemeinen Betroffenenrechten haben die Arbeitnehmer:innen ein Recht, keiner ausschließlich automatisierten Entscheidung (etwa durch KI) ausgesetzt zu sein oder eine solche Entscheidung zumindest durch einen Menschen nachprüfen zu lassen. Auch der AI Act knüpft den Einsatz solcher Systeme an spezifische Verpflichtungen der Betreiber:innen, also der Arbeitgeber:innen.
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung des Einsatzes von KI am Arbeitsplatz? Welche rechtlichen und ethischen Fragen werden Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren besonders relevant werden?
Georg Huber: Schon jetzt stellen sich zum Beispiel Fragen nach der Vermeidung von Diskriminierung durch KI, der Offenlegung von KI-basierten Arbeitsergebnissen oder die ethische wie rechtliche Verantwortung für Schäden, die beim Einsatz von KI entstehen. Darüber hinaus bleiben auch viele urheberrechtliche und datenschutzrechtliche Fragen offen, bis sich der Gesetzgeber oder die Justiz damit befasst. Dennoch wäre es ein Fehler, das Thema zu ignorieren. Der Einsatz von KI am Arbeitsplatz ist keine Frage des Ob, sondern des Wann und Wie. Wer nur abwartet und reagiert, wird früher oder später von der Realität überholt werden.